Der Winter naht: Diesen geflügelten Euphemismus des Hauses Stark aus der Kultserie „Game of Thrones“ kann sich der RSV Germania 03 wegen der augenblicklichen Gemengelage auf die blau-weiße Fahne sticken. Beim vorletzten Jahreseinsatz verschärfte ein 4:5 gegen Kamerun Darmstadt die sich im Gewand von neun sieglosen Begegnungen verhüllende Talfahrt.

 

Die sportliche Momentaufnahme ist zweifellos Besorgnis erregend. Zum reduzierten Personalaufgebot gesellten sich erneut hanebüchene Abwehrpatzer, welche schon Mitte der ersten Hälfte das Engagement ad absurdum führte. Nach dem eigenen 1:0 verschickte der Rasensportverein massenweise Einladungen aus dem offenen Scheunentor. Der SV Kamerun bedankte sich höflich für die gastgebende Aufmerksamkeit und sorgte dank vier Toren binnen neun Minuten dafür, dass der Minuslauf in die nächste Instanz geht. Auf dem Haupt des zwei Tage zuvor sein 71. Wiegenfest feiernden Huub Stevens, seines Zeichens knurrender Schöpfer der „Die Null muss stehen“ – Theorie, wanderten beim Studium dieser defensiven Fauxpas-Arie sicherlich die wenigen noch verbliebenen Haare zu Berge.

 

Obwohl die Wetterfrösche Temperaturen um den Gefrierpunkt voraus quakten, schmetterte der Hessische Fußballverband den kurzfristig gestellten Antrag auf einen Heimrecht-Tausch in die 7000 Kilometer entfernte respektive 30 Grad wärmere kamerunische Hauptstadt Jaunde wegen unlösbarer Logistik und Wettbewerbsverzerrung ab. Also fand die zweite Rückrunden-Verpflichtung – so wie vom offiziellen Terminplan diktiert - im Kühlschrankeisfach des Grünen Stegs statt. Das geeichte Publikum nahm die klirrende Herausforderung in Kauf, kramte die Winterfelle aus der Klamottenkiste und trottete als Eskimo verkleidet durch die Pfungstädter Tundra entlang der Sandbach an die Ostendstraße.

 

Bei seiner zweiten Aufgabe als neuer RSV-Coach durfte Sebastian Schaub in der Startphase die Debüt-Führung unter seinem Kommando bejubeln. Mehmet Köroglu hob die Kugel gewitzt über Keeper Foadieng ins Netz. Nicht einmal eine Viertelstunde später hatte sich der erworbene Kredit in einen 1:4-Schuldenberg verwandelt. Der Ausgleich initiierte ein germanisches Abwehrchaos, durch das sich der SV Kamerun liebend gerne und höchst effizient durchwühlte. Wahrscheinlich hätte der vor zwei Wochen 80 Jahre jung gewordene Klaus Fichtel ähnlich wie bei seinem mitten im Pott beheimateten akut kriselnden Herzblatt-Klub auch bei den südhessischen Germanen die Defensivlöcher sachgerechter gestopft. Leider hat die ungeachtet des sterbenden Waldes ewig stehende „Tanne“ das Aktiven-Alter „knapp“ überschritten.

 

Von diesen Schockmomenten erholte sich der Platzhirsch bis zum Halbzeitsignal nicht mehr. Nach dem Seitenwechsel keimte durch Baratis Kosmetik Hoffnung auf, die ein verwandelter Elfmeter zum 2:5 allerdings rasch erblassen ließ. Positiv ist zu konstatieren, dass die Heimelf den nächsten Dämpfer kompensierte und nicht die Flinte ins Korn warf. Markus Laston bugsierte den Ball mit Hilfe eines Torwart-Missgriffs zum 3:5 über die verwaiste Linie.

 

Während der einer längeren Verletzungsbehandlung von Goalie Eyüp Parlak (musste letztendlich angeknockt seinen Job an Nick Jimenez abtreten) geschuldeten üppigen Nachspiel-Periode zirkelte Toppscorer Mohammed Barati einen Freistoß ins linke Dreieck. Einem Last Second – Ausgleich standen schließlich der Mangel an Zeit sowie vom Quäntchen Glück kontraproduktiv gegenüber.

 

Der SV Kamerun huschte damit im Klassement vorbei und darf sich ans Revers heften, neben sechs Zählern fast ein Viertel seiner eingelochten Saisontreffer in den beiden Vergleichen mit dem RSV erzielt zu haben (Hinspiel 6:0). Derweil blieb dem durch die Mixtur von sibirischem Klima und fußballerischer Durststrecke (die „Zweite“ komplettierte den abträglichen Nachmittag durch eine spät kassierte 2:3-Pleite gegen TuS Griesheim und sitzt fortan auf der roten Kreisliga C – Laterne) fröstelndem Germanen-Anhang nur der Glaube an das Durchhaltevermögen. Oder wie es Zarah Leander einst sinnbildlich respektive erotisierend ins Mikrofon hauchte: „Davon geht die Welt nicht unter“.

 

Aufstellung: Parlak (85. Jimenez), Tilki, Hinterschied, Botezatu, Güclüdal, D. Neziraj, Al Hadid (65. Morris), Barati, Köroglu, Rippert (46. Ibo), Laston

Tore: 1:0 Köroglu 9. 1:1 Manga Mbou 15. 1:2 Ngameleu 17. 1:3, 1:4 Jakelic 19., 24. 2:4 Barati 54. 2:5 Yaho Brice 60. FE 3:5 Laston 70. 4:5 Barati 90. + 5

 

Am kommenden Sonntag (08.12.) verabschieden sich beide germanische Auswahlteams mit dem jeweils dritten Heimmatch en block in eine dreimonatige Punktspielpause. Zum kickenden Good Bye – Event vom Kalenderjahr 2024 pilgern Grün-Weiß Darmstadt II (13 Uhr, Kreisliga B) und SV Erzhausen II (15 Uhr, Kreisliga B) an den Grünen Steg. Weil man im Verlauf der erst vor vier Wochen auswärts absolvierten Hinrundenpartien ergebnistechnisch hier wie da Schiffbruch erlitt, zieht der Rasensportverein ergo zweimal eine zeitnahe Revanche ins Kalkül, um den treuen Fans ein versöhnliches Kehraus-Präsent für den Gabentisch zu offerieren.