Die aufwühlende Nachholpartie am Dienstagabend gegen den ebenfalls um den Klassenverbleib bangenden Leidensgenossen Sturm Sturmstadt enthüllte sich praktisch wie erwartet als Triebfeder von kardiovaskulären Erkrankungen. Trotz einer 2:0-Führung musste der RSV Germania 03 bis zum erlösenden Feierabendsignal zittern, ehe die drei für den sportlichen Existenzkampf substanziellen Zähler unter Dach und Fach waren.
Unmittelbar nach Ende des österlichen Feiertagmarathons priorisierten die blau-weißen Old School – Fans ihre Freizeitunterhaltung auf zwei parallele Melodramen: Dem Comeback der Kultseifenoper „Dallas“ im Free-TV nach achtzehnjähriger Flimmerkisten-Entbehrung und dem fesselnden Kellerkrimi in der Kreisliga B. Während Ölbaron J. R. Ewing am Pool der Southfork-Ranch finstere Pläne gegen Cliff Barnes schmiedete, empfingen im Pfungstädter Osten der heimische Ranglisten -Vorletzte die vor dem Kick-off eine Stufe respektive einen Punkt besser platzierte Elf von Sturm Darmstadt zum Ball der Souterrain-Barone.
Aufgrund der Pantoffelkino – Konkurrenz war das Traditions-Areal am Grünen Steg nicht ganz ausverkauft, aber für einen Wochentag ordentlich besucht. Auch einige Mitglieder vom Hahner Secret Service (die Zweitabteilung des benachbarten Sportvereins wartet am kommenden Spieltag als nächste Herausforderung auf den RSV) begutachteten zwei ihrer Opponenten im engen Tiefparterre des Rankings.
RSV-Coach Sebastian Schaub musste den Defensiv-Verbund neu justieren, weil Lashun Morris, Oualil Kalai und Milos Manthos verletzungsbedingt die Segel strichen. Die umgebaute Absicherungsformation um Torwart Björn Wagner (Pflichtspieldebüt des Winterneuzugangs) hielt exakt 655 Jahre nach Grundsteinlegung der Bastille seine Befestigungsanlage dicht.
Nachdem die Hausherren in der Anfangsphase zweimal an der Führungsbude schnupperten, besaß der FC Sturm zwar ein kleines Chancenplus, doch dank aufopferungsvollem Engagement wurde ein Dolchstoß auf das Nervenkostüm vermieden, auch weil Goalie Wagner eine Eins gegen Eins – Situation mit einer klasse Rettungstat meisterte.
Der Paukenschlag zu Beginn von Hälfte Zwei sorgte für kollektive Erleichterung. Max Meier tanzte den Keeper aus und vollstreckte brachial ins Netz. Nun hatte der wuchtige Frontstürmer Blut geleckt und stockte eine Viertelstunde später das Vorsprungfundament auf. Mitten in den Freudentaumel hinein gab das Flutlicht für ca. vier Minuten den Geist auf, was der Schaffenskraft ein wenig den Stecker zog.
Der vierte Sieg im vierten Vergleich mit dem FC Sturm (zuvor 4:0 und 2:0 in der Runde 18/19 sowie dem 7:2 im Hinspiel am Müllersteich) wackelte plötzlich in seinen Grundfesten, als Goalgetter Sergej Gaus einen Freistoß direkt in die Maschen schweißte. Von da an standen Blutdrucksenker und Baldriantropfen hoch im Kurs, zumal die Germanen ihre Konterchancen versemmelten und der Schiedsrichter betreff der kurzfristigen optischen Finsternis des Kunstrasen-Terrains eine satte Aftertime von sieben Minuten verkündete.
Derweil setzte der Gast alles auf die Risiko-Karte und blies zur Generaloffensive. Bei einer Kollision zwischen dem längst auch im eigenen Sechzehner vorbildlich aushelfenden Max Meier und seinem Widerpart richteten sich alle Augenpaare sofort auf die Handlungsweise des Referees, dessen Pfeife glücklicherweise stumm blieb. Als Robert Botezazu per Monsterblock einen Schuss entschärfte und der finale Gong Mannschaft und Fans endlich vom Ballast befreite, purzelten die Steine massenweise von den Herzen.
Zum simultanen 88. Wiegenfest von Jack Nicholson beantwortete der RSV Germania 03 die Frage der Ehre mit einem Sieg, stürzte beim Flug über das Kuckucksnest nicht ab und resümierte angesichts der Verdoppelung des Guthabens zum Abstiegsrang (jetzt sechs Zähler) nach dem Kehraus: Besser geht’s nicht. Allerdings kann von einer Zeit der Zärtlichkeit sprich Entwarnung noch lange keine Rede sein. In den ausstehenden fünf Begegnungen muss unbedingt noch weiterer Proviant gehortet werden, um als Easy Rider in die Sommerpause zu galoppieren.
Aufstellung: Wagner, Al Hadid, Buth, Botezatu, R. Singh, Hammel, S. Neziraj, Dommert, Köroglu, Rippert, Meier (eingewechselt Tabtab, Albouhuseinsray, D. Neziraj)
Tore: 1:0, 2:0 Meier 48., 63. 2:1 Gaus 79.
Am Sonntag hält der Spielplan den zweiten Klassenerhalt-Thriller en block bereit. Weil das Duell beim SV Hahn II zudem unmissverständliche Derby-Charakterzüge aufweist, kommt dem Kellerkracher eine gewichtige Relevanz zuteil. Im „Hohner“ Sportpark dürften den RSV nicht nur lustige Törtchen, sondern auch ernste Gegenwehrmaßnahmen erwarten. Der Anstoß über dem Autobahnbuckel startet bereits um 13Uhr. Falls die Hardcore-Fans des Rasensportvereins nach dem Lokalfight noch mehr Bock auf Abstiegskampfdramatik hegen, können sie flugs Richtung Nieder-Beerbach jetten. Dort fahndet das Reserveteam im Clinch mit der heimischen SKG ab 15Uhr nach Kreisliga C – Punkten.