So kurzlebig ist das Fußballgeschäft: Vor einer Woche witterte der RSV Germania 03 nach dem Überraschungcoup in Ober-Ramstadt im Tabellenkeller der Kreisliga A wieder Morgenluft. Sieben Tage bzw. zwei deutliche Niederlagen gegen direkte Konkurrenten später ist der Kontakt zum rettenden Ufer über den Jordan gewandert und die Hundertgegentormarke bereits im ersten Einsatz der zweiten Halbserie überschritten.

 

Nach dem 1:6 im Nachholmatch am Donnerstagabend bei den benachbarten Freien Turnern quittierte der Rasensportverein auch beim SV Weiterstadt eine drastische 0:4-Ergebnispleite, welche die im Derby überreicht bekommene rote Klassenlaterne fundamental zementierte. Analysten des Ernüchterungsdoppelpacks konnten einige Parallelen ziehen: Jeweils gut gestartet und bis zur Pause ordentlich mitgemischt, um dann in der zweiten Hälfte völlig den Faden zu verlieren und sich seinem sportlichen Schicksal zu ergeben.

 

Eine Erkältungswelle verbot gleich drei blau-weißen Verantwortungsträgern, die Reise gen Weiterstadt anzutreten. Neben dem ersten Vorsitzenden Eckhard Czok und Spielausschusschef Michael Gengnagel musste sich auch Trainer Manuel Meixner den  grippalen Infekten beugen. Bezüglich des coachenden Jobs sprang Danny Beck in die Bresche. Der Interimsübungsleiter wurde von seinem erfahrenen Schwiegervater Thomas Opper tatkräftig unterstützt.

 

Auf dem SVW-Kunstrasen fehlten im Vergleich zu den vergangenen Partien Michael Azevedo und Oliver Gora. Vor allem der Verzicht auf den letztgenannten Routinier konnte auf der linken Abwehrseite nicht adäquat kompensiert werden, was in den vorentscheidenden Nackenschlägen kurz vor bzw. nach der Halbzeit mündete.

 

Es klingt beim Studium des Endresultats paradox, doch die Konfrontation von personell zwei limitierten Mannschaften kristallisierte die Germanen im ersten Abschnitt als klaren Chef im fremden Ring. Angefeuert von dem an einer Hand abzuzählenden Anhang, der vernünftigerweise lieber gesunde Frischluft inhalierte als im stickigen Wohnzimmer sinnfreie WM-Eröffnungsfeiern zu verfolgen, dominierte der spielerisch dominante Gast die Szenerie  und erarbeitete sich ein frappierendes Ballbesitzübergewicht.

 

Aber die in dieser Saison handelsüblichen Defizite (mangelnde Offensivdurchschlagskraft kombiniert mit haarsträubenen Defensivpatzern) verhinderten nicht nur den gerechten Lohn einer Führung. Sogar das krasse Gegenteil trat ein und Weiterstadt legte mit dem einzig konstruktiv vorexerzierten Angriff vor (35.). Wenig später gesellte sich noch eine große Portion Pech hinzu, als Sinan Aykirs abgefälschter Freistoß gegen die Lattenunterkante krachte und sein Kopfball aus fünf Metern knapp über den Balken zischte.

 

Ähnlich wie drei Tage zuvor an der Dr. Horst-Schmidt-Straße kassierten die Germanen unmittelbar nach dem Wiederbeginn den frühen Knockout. Patrick Bortz durfte mutterseelenallein zum 2:0 einschädeln und damit wurde der Stecker wiederum früh gezogen. Derweil produzierte die Hausherrentaktik (hinten relativ sicher stehen und vorne auf Konter lauern) den maximalen Ertrag.

 

Während die Germanen trotz allem Engagement bezüglich ihrer Verkürzungsambitionen nichts mehr gebacken bekamen, verwertete der Platzhirsch in der Schlussphase auch seine Chancen Nummer Drei (die Komplettierung des Bortz-Hattricks im Format eines fulminant versenkten Freistoßes kreuzte die Statistikabteilung als hundertsten Saisoneinschlag an) bis Vier und demonstrierte dadurch eine hundertprozentige Abschlussquote. Am Ende forderte die treue Betreuerikone Siggi Kullick frustriert den Feierabend ein, woraufhin der souveräne Schiedsrichter den verständlichen Wunsch sofort erfüllte.            

 

Aufgrund des SVW-Erfolgs zuzüglich des FTG-Aufschwungs musste das blau-weiße Tabellenschlusslicht weiteren Boden preisgeben und hinkt jetzt schon fünf Punkte dem Nichtabstiegsareal hinterher.  

     

Aufstellung: Jimenez, C. Azevedo, El Idrissi (69. Güclüdal), Kalai, Aldibo, Kaddouri (69. Al Hadid), Obanaamar, Sabbagh, Ibo, Ariif, S. Aykir

Tore: 1:0, 2:0, 3:0 Bortz 35., 48. 81. 4:0 Gillmaier 86.

Gelbe Karten : Mayer, Bortz (beide SVW)

 

Knappe zehn Tage nach der 1:6-Klatsche kommt es am kommenden Sonntag (27.11.) bereits zum Rückkampf gegen die Freie Turngemeinde. Zunächst einmal eröffnen die beiden ebenfalls abstiegsgefährdeten zweiten Mannschaften den Kickmarathon am Grünen Steg und duellieren sich pünktlich um High Noon für wichtige Kreisliga C – Zähler. Im Anschluss ab 14Uhr30 bitten die Kreisliga A – Teams aus dem Pungschter Osten und Süden zum schnellen Neuauflagentanz. Dabei steht mit Sichtungshilfe der zurückliegenden Scores hauptsächlich der RSV unter Zugzwang, während die FTG nach zuletzt zwei Siegen dem Derbyremake gelassen entgegen blicken kann.

 

Wer also über drei Stunden ehrlichen Lokalamateurfußball bei Wind und Wetter inkl. eines Sportplatzkultgedecks (leckere Wurst plus Kaltschale) dem verweichlichten Glotzkistenkonsum von überkandidelten Gebolze in vorderasiatischen Emiraten bevorzugt, der sollte am Sonntag die dicken Socken überstreifen und zum altehrwürdigen Traditionsground an die Ostendstraße pilgern.